Die Lage scheint ernst zu sein für Gerlind Feldmann: Etwas hilflos blickt sich die Leiterin des Wirtschaftsgymnasiums der Kaufmännischen Schulen Rheine um. Ihre Hände sind mit einem Seil gefesselt, sie selbst ist damit sicher an einem Stuhl in der Turnhalle fixiert – an Flucht ist nicht zu denken. Vor ihr stehen ihre Kidnapper: 85 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 13, der diesjährige Abiturjahrgang. Aber: Gerlind Feldmann lacht. Und auch ihre Kidnapper sehen eigentlich ganz freundlich aus. Nur ihre Forderung zur Freilassung der Gefangenen erscheint gewagt: Gerlind Feldmann soll im Duell der Abiturientinnen und Abiturienten gegen die anderen Lehrerinnen und Lehrer der Kaufmännischen Schulen „freigespielt“ werden. Nur dann, so der Tenor, könne die Schulgemeinschaft sie zurückbekommen. Die Disziplinen dieser Duelle sind ebenso schweißtreibend wie kreativ: Ein Bobbycar-Wettrennen muss bestritten werden, bei der PowerPoint-Karaoke geht es um spontane Rhetorik, beim „Sachen suchen“ müssen Alltagsgegenstände schnellstmöglich beschafft werden: Egal ob Klopapierrolle oder Desinfektionsmittel.
Angefeuert werden die Spielerinnen und Spieler von den ebenfalls anwesenden Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 11 und 12 des Wirtschaftsgymnasiums. Sie wollen sich das Spektakel des diesjährigen „Tag X“, des Abi-Scherzes oder Chaostages, nicht entgehen lassen. Dank ihrer Unterstützung gelingen den Athletinnen und Athleten Höchstleistungen. Kurz vor Schluss sieht es gar nicht schlecht aus für die Lehrerinnen und Lehrer, der Sieg scheint zum Greifen nah. Doch das Stimmungsbarometer in der Halle kürt den Abiturjahrgang zum Sieger. Und Gerlind Feldmann? Die wird am Ende trotzdem freigelassen. Schließlich werden auch die nächsten Abiturjahrgänge sie noch brauchen.