Gerade eben noch haben sich Ilayda und Vanessa gegenseitig für ihre schicken Outfits gelobt, da bietet Cesary kleidertechnisch das komplette Kontrastprogramm: Er kommt mit Rucksack. Das ist einer Abschlussfeier der Kaufmännischen Schulen nicht so ganz angemessen. Schon gar nicht als Moderator, der gleich durch das Programm führen wird. Finden zumindest seine beiden Mit-Moderatorinnen auf dem Podium – und fangen prompt an zu lästern. „Hast du vergessen, dass heute kein Unterricht mehr ist“, ätzt die eine. „Oder musst du etwa jetzt noch Bücher abgeben?“, mutmaßt die andere. „Quatsch Bücher“, kontert Cesary knapp. „Ich habe etwas viiiel Besseres dabei“, sagt er und zieht das i kunstvoll von Rheine bis nach Neuenkirchen. Genüsslich packt er Sektflasche und Gläser aus, gießt ein. „So, dann wollen wir mal“, lautet sein trockener Kommentar angesichts des perlenden Tropfens. Und so erheben die drei ihr Glas, prosten sich zu und trinken auf den Erfolg aller Mitschüler:innen. Kein Zweifel: Die Abschlussfeier der Handelsschule startet feucht-fröhlich. Und mit tröstenden Worten ans Publikum: „Keine Sorge, auch ihr könnt gleich miteinander feiern“, sagt Ilayda.

Und dazu haben sie auch allen Grund. Neun Schüler:innen schafften den Hauptschulabschluss, 33 den Mittleren Schulabschluss. Das sind 42 hervorragende Gründe zum Feiern. Nun also Prost? Noch nicht ganz, denn zunächst flimmert eine Fotoshow, erstellt von Lehrerin Jenny Hasche, über die Leinwand in der Aula: Schnappschüsse vom ersten Teambuilding an der Saline, Fotos aus den Klassenzimmern und von gemeinsamen Essen, von den Berufsorientierungs-Tagen, von Sozialkompetenztrainings der Klassen und natürlich von der Abschlussfahrt vor einigen Tagen in den Moviepark bei super Sonnenschein wecken Erinnerungen an die zehn gemeinsamen Monate. Und sie verdeutlichen, dass Handelsschule mehr ist als Mathe und Betriebswirtschaftslehre. Unvergessen auch: die Waffelaktion zugunsten der Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien. So viel Zeit für Nächstenliebe muss auch in einem knappen Schuljahr sein. Meinen die Handelsschüler. Angesichts des fotografischen Streifzugs durch das Schuljahr ist auch schnell das Motto der Abschlussfeier verdeutlicht: Weißt du noch?

„Zwar ist ein Jahr keine so lange Zeit im Leben eines Menschen“, meint Vanessa, „aber es ist für uns ein bedeutsames Jahr gewesen, weil wir einen wichtigen Schritt in Richtung Berufsausbildung oder für unsere weiter Schullaufbahn gemacht haben.“ Und während sie mit gehaltvollen Worten auf den Wert der Schulzeit hinweist, gießt Cesary schon wieder Sekt ein. Und kassiert von Ilayda den nächsten Rüffel: „Denkst du nur ans Trinken?“. Doch er kann schnell kontern: „Der ist doch gar nicht für mich. Frau Dingwerth, möchten sie mit uns anstoßen?“

Und ob die Leiterin der Handelsschule das will. Das vergangene Schuljahr sei „wieder eine Station in eurer ganz privaten, individuellen Geschichte und gleichzeitig ein wichtiger Schritt in die Zukunft gewesen“, sagt Doris Dingwerth. „Egal ob ihr das Jahr erfolgreich absolviert habt oder nicht so viel Erfolg hattet, ihr seid ein Jahr älter und reifer geworden, habt aus Erfahrungen gelernt und eure eigene, persönliche Geschichte erweitert.“ Und dies nicht allein, sondern im Miteinander und sicher auch durch den Einfluss von Eltern und Lehrer:innen.

Auch Dingwerth greift das Motto auf und erinnert die Klassen an viele Einzelgespräche mit den Lehrer:innen, an die Verspätungen zur ersten Stunde, an die für einige schwierige Einhaltung von Regeln, an die Dauer-Diskussionen um die Handystationen und geglückte und nicht geglückte Mogelversuche sowie das anstrengende Praktikum: „Das wissen sicher alle noch.“

Der Handelsschul-Leiterin ist es wichtig zu betonen, dass die Lehrkräfte versucht haben, alle „anzuregen, sich mit den eigenen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wünschen auseinanderzusetzen, euch im Lern- und Entwicklungsprozess zu unterstützen und euch zu motivieren, darüber nachzudenken, was für euch wichtig ist.“ Nicht zuletzt „euch beizubringen, wie wichtig Menschlichkeit ist“. Und: „Wir wollten für euch da sein.“ Das hätten einige mehr, andere weniger oder gar nicht zugelassen: „Auch das gehört zu eurer eigenen Entwicklung.“

Von ganzem Herzen wünsche sie sich, „dass ihr mit der Ausrüstung, die wir euch mitgeben konnten, eure Zukunft voller Zuversicht, Motivation, Respekt und im Miteinander mit anderen Menschen in die Hand nehmet und eine für positive Lebensgeschichte schreibt.“

Wieder Sekt, diesmal aber kein Ärger für Cesary: In ihrer Rede aus Schülersicht erinnern Lourans und Ilayda an den Auftakt vor zehn Monaten und die vielen Fragen, die sich da stellten: „Wie sind die Mitschüler:innen, kann man mit ihnen zusammenarbeiten? Wie sind die Lehrer:innen, kann man mit ihnen auch mal privat reden?“, verdeutlicht Ilayda die aufregenden ersten Tage. Schnell war aber klar: „Es herrscht eine herzliche Atmosphäre, die Aufregung legt sich schnell“, erinnert sich Lourans. Denn die Lehrer:innen hätten oft unterstützt, „ohne sie hätten wir es wohl nicht geschafft. Dafür wollen wir uns bedanken“, sagt er. Und dieser Dank gehe natürlich gleichermaßen auch an die Eltern.

Weißt du noch? Klar, auch das ist Schule. Ilayida erinnert sich mit einem Schmunzeln, daran, dass man manchmal auch keine Lust hatte und dann die Frage stellte: „Kann ich mal auf die Toilette“ oder „Können wir eher Schluss machen?“ Zustimmendes Kopfnicken beweist: Das wissen alle noch.

„Seid stolz auf eure Leistung und baut darauf auf“, mit diesem Appell endet die Schüler:innen-Rede. Und ist zugleich der Startschuss für die Zeugnisausgabe durch die Klassenlehrer:innen Claus Schrichten (HSA), Alanah Steuter und Dieter Tebbe (HSB 1), Doris Dingwerth (HSB 2) sowie Petra Stegemann (HSB 3). In kurzen Ansprachen drückt sich die Wertschätzung der Lehrer:innen aus – für ihre ehemaligen Schülerinnen und Schüler und deren Leistung. Und die stellvertretende Schulleiterin Elke Simon, die die Zeugnisse übergibt, würdigt die guten Noten mit persönlichem Händedruck und anerkennendem Kommentar.

Und die findet ihren Ausdruck auch in der Ehrung der Besten: Beste Schülerin der gesamten Handelsschule ist Xenia Briger mit der Traumnote 1,0 aus der HSB 2.  Aus der HSA werden Nicolle de Holanda Böhme (1,6) und Marques Bönisch (1,6) geehrt, Beste der HSB 1 ist Mojde Azimi (2,1), aus der HSB 3 Jeronimo Finke (1,3).

Abschlussschüler
Berufsfachschule
(Handelsschule)

 

HSA1 – Berufsfachschule I

Mohamed Al Hamoud, Marques Bönisch, Nicolle de Holanda Böhme, Robar Hasan, Duncan Homa, Hadi Khalifé Hamzé, Aya Osman, Lourans Sheikh Ibrahim, Jan Stottko

HSB1 bis HSB3 – Berufsfachschule II

Taha Azam, Mojde Azimi, Cesary Baszczewski, Xenia-Maria Briger, Arlind Canaj, Eileen Durscheidt, Phil Dust, Maximilian Dvorezki, Rony Eyo, Jeronimo Finke, Chantal Friesen, Andrej Gergert, Diana Geringer, Ali Haradini, Felix Haziev, Lili Heinsch, Tobias Henryk Jenhs, Cecilia Jim, Lukas Kaul, Hammet Khalil, Marcel Klauck, Marcel Krawzow, Omar Mares, Avais Masud, Vanessa Okrasa, Emre Öztemiz, Alexander Romanov, Fabian Runge, Raphael Schellenberg, Jasmina Schramm, Ilayda Jasmin Siemer, Lucas Wiebe, Valentin Woestmeyer