Aller guten Dinge sind vier. Zumindest dann, wenn die Kaufmännischen Schulen und das Unternehmen „Setex Textil GmbH“ zusammenarbeiten. Gleich vier Klassen der Handelsschule führte Betriebsleiter Jochen Kersting durch die Spinnerei und Weberei. An vier unterschiedlichen Tagen. „Dieses Engagement ist schon außergewöhnlich“, sagt Lehrerin Petra Stegemann und freut sich darüber, dass die Schüler:innen die Produktion in einem Industrieunternehmen hautnah kennenlernen können. Schließlich sind die darauf ausgerichteten kaufmännischen Tätigkeiten Schwerpunkte des Unterrichts. Nun können die Schüler:innen sehen, wofür sie lernen. Und anfassen. 

Mit Jochen Kersting konnten die Klassen keinen besseren „Betriebsführer“ finden, hat er doch vor über 30 Jahren in diesem Unternehmen den Beruf des Webers gelernt. Er kennt in den Werkshallen jeden Winkel, jeden Handgriff an den Maschinen und jede(n) Mitarbeiter:in. „Gut erklärt, viel gelernt, alle Fragen beantwortet“, so lautet denn auch das Lob der Klassen. Nur: Wer etwas verstehen wollte, der musste schon genau hinhören. Denn in den Werkshallen rattern die Maschinen unaufhörlich mit großer Lautstärke. Nicht umsonst verteilt Kersting zu Beginn der Erkundungs-Tour gelbe Ohrenstopfen.  

Und überhaupt: Vor Ort wird den Schüler:innen bewusst, was die Mitarbeiter:innen täglich leisten müssen: Die Luft ist stickig, Staub flimmert durch die Hallen. „Der direkte Einblick in das Arbeitsleben ist ein wichtiger Aspekt unserer Betriebsbesichtigung, denn viele kennen solche Unternehmen nur vom Hörensagen. Wir wollen authentische Eindrücke vermitteln“, begründet Doris Dingwerth, Leiterin der Handelsschule das Angebot an die vier Klassen. 

Und die Einblicke sind intensiv: Im Lager kann die angelieferte Baumwolle angefasst werden, die Säuberung und Durchmischung mit Polyester sind weitere Stationen des Betriebs-Besuches. Das Entstehen des Garnes und das Drehen auf Spulen bieten ebenso neue Einblicke wie das Weben des Garns zu Tüchern, aus denen dann zum Beispiel Bettwäsche entsteht. Zum Schluss lautet die Bilanz eines Schülers, „dass doch sehr viel Arbeit hinter den Produkten steckt“. Viele einzelne Schritte seien in der Produktion zu vollziehen, bis aus der Baumwolle ein verkaufsfähiges Produkt werde. 

Wichtige Erkenntnis Nummer zwei: Den Schüler:innen ist auch der Einsatz der „intelligenten Maschinen“ nicht entgangen. „Ich wusste vorher nicht, dass so viele unterschiedliche Maschinen zum Einsatz kommen und Arbeitsschritte erledigen, ohne dass Menschen ständig dabei sein müssen“, meint eine Schülerin. „Und ich wusste auch nicht, dass diese Maschinen so teuer sind.“  

Der Unterricht – weg von der Schulbank, rein ins Unternehmen – wird zum Lokaltermin mit überraschenden Erkenntnissen. Einige können sich durchaus vorstellen, vielleicht als Maschinen- und Anlagenführer:in, Produktionsmechaniker:in oder Industriemechaniker:in für Betriebstechnik zu arbeiten. „Bewerbungen“, so sagt Jochen Kersting zum Abschluss, „nehme ich gern entgegen.“ Auch Probearbeiten ist möglich. Denn er ist der festen Überzeugung. „Textil hat Zukunft – auch in Deutschland.“ Und er muss es ja wissen.  

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Eindrücke aus erster Hand: Gleich vier Klassen der Handelsschule (im Bild die HSB 2) besuchten die Werkshallen der Firma Setex und wurden von Jochen Kersting mit interessanten Informationen versorgt.