Die Schlagzeile über diesem Bericht könnte lauten: „Besuch in Dublin – Schülerin der Kaufmännischen Schulen landet im Knast“. Nach der alten Journalisten-Weisheit: crime sells. Würde mit Sicherheit gelesen. Wäre sachlich sogar korrekt. Bedürfte dann aber doch einiger Erklärungen. Zum Beispiel die, dass sich Erisa Koxherri aus der 12 B während ihres Aufenthaltes auf der grünen Insel nichts hat zuschulden kommen lassen, was einen Gefängnisaufenthalt rechtfertigen würde. Gar nichts. Hinter irischen Gittern war sie aber trotzdem. Allerdings nur als Mitarbeiterin einer Rechtsanwalts-Kanzlei, bei der die Schülerin ein „Erasmus+“-Auslands-Praktikum absolvierte. Und da sie im Prozess vor Gericht das Protokoll führte, konnte sie den Mandanten an diesem außergewöhnlichen Ort bei einer Befragung durch die Kollegen kennen lernen. „Das war schon eine coole Erfahrung“, lautet Erisas Knast-Bilanz. Nichtalltägliche Erlebnisse haben aber auch die anderen Schülerinnen und Schüler der Kaufmännischen Schulen in einer Feierstunde zu erzählen, die von Schulleiter Ralf König den „Europass Mobilitiy***“ überreicht bekommen. Mit diesem Dokument erkennt die Europäische Kommission berufliche, interkulturelle und fremdsprachliche Erfahrungen im Ausland offiziell an.  

24 Schülerinnen und Schüler aus der Jahrgangsstufe 12 machten sich am 20. März auf den Weg in Richtung Dublin. „Das war die bislang größte Gruppe, die unsere Schule je entsandt hat“, sagt Lehrerin Doris Heymer, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Sarah Baumann das Praktikum organisiert hat. Zum ersten Mal konnten daran nicht nur Schüler:innen mit Fremdsprachen-Schwerpunkt teilnehmen, sondern auch Interessierten aus allen anderen Klassen der 12 des Wirtschaftsgymnasiums. Schulleiter König hebt einen Vorteil hervor, den das Erasmus-Programm den Schüler:innen bietet: „Die Chance zu nutzen, für 80 Euro die Woche nach Dublin zu kommen, das ist ganz schön schlau von euch.“ Denn günstiger könne die englische Sprache, könnten Erfahrungen mit dem Land und den Leuten sicher nie mehr gemacht werden. „Viele lästern über die EU, aber diese garantiert uns nun schon 70 Jahre Frieden“, stellt der Schulleiter die Vorteile – auch mit Blick auf die aktuelle weltpolitische Lage heraus. Auch ein Praktikum fördere das Verständnis zwischen den Völkern, hebt König die Bedeutung hervor. Und so haben sich die Kaufmännischen Schulen die Fördergelder aus dem „Erasmus+“-Programm bis 2027 gesichert.  

 

Vier Wochen Irland, da stehen ganz andere Lernziele im Vordergrund als im traditionellen Lehrplan zu Hause. Da gilt es, dass Selbstbewusstsein und die Eigenständigkeit zu schulen im Umgang mit neuen Situationen und unerwarteten Problemen. Da gilt es, den Blick zu schärfen für geschichtliche und kulturelle Besonderheiten eines unbekannten Landes, neue Kontakte zu schmieden, berufliche Erfahrungen zu sammeln und sich in der Gastfamilie zurecht zu finden. Und natürlich die englische Sprache zu nutzen und zu verbessern. War da noch was? Natürlich. Auch die freie Zeit abends und am Wochenende in und um Dublin will geplant sein. 
 

Dabei ist das Spektrum der Praktikums-Unternehmen breit gefächert: Online-Einzelhandel, Personalvermittlung, Finanzdienstleistungen, Coaching, Baumarkt, Sanitärunternehmen, Immobilienmakler. Simon Gantschnigg zum Beispiel arbeitete im Bereich Empfang/Sekretariat einer Anwaltskanzlei. Nach seiner Meinung war die Organisation dort stark verbesserungsbedürftig – und er begann, eigene Ideen einzubringen und Abläufe zu optimieren. Die überzeugten – denn am Ende „haben sie mir direkt ein Angebot gemacht“, sagt Simon. Mehr Lob geht nicht.  

 

Einblicke in einen wirtschaftlichen Beruf gewinnen, Englisch-Kenntnisse zu verbessern und „als junger Mensch die Welt zu sehen“, das sind für Tim Taake die Vorteile des Auslandsaufenthaltes. „Das sollte man in jedem Fall nutzen.“ Und Ben Prehn hat die Chance gesehen „private Kontakte zu knüpfen, da habe ich durchaus etwas mitgenommen.“ Viele berichten, dass die Iren durchaus hilfsbereit, offen und tolerant sind und dass das Klischee des singenden und trinkfesten Iren eben nicht immer nur ein Klischee ist.  

Lernen mitten in Europa – Dieser Leitspruch der Kaufmännischen Schulen wurde für diese Schülerinnen und Schüler aus dem Wirtschaftsgymnasium für vier Wochen Realität.

Unter Lebenserfahrung verbuchen mussten einige der Schülerinnen und Schüler fehlenden Komfort bei der Unterbringung. Enge Zimmer oder ein spartanisches Frühstück, nicht immer waren die Wohnverhältnisse bei den Privatvermietern optimal. „Aber ihr könnt stolz auf euch sein, auch diese Situation gemeistert zu haben“, sagt Lehrer Marcus Maasen; Leiter des Europa-Teams der Schule. „Ihr habt euch nicht entmutigen lassen und es durchgezogen. Nur das zählt.“ Und: Es sei immer noch eine kleine Anzahl an Schülerinnen und Schülern, die Auslands-Erfahrungen macht. „Ihr habt dieses Privileg genutzt.“   

Bei einer Bewerbung können zumindest die Schülerinnen und Schüler aus Rheine demnächst auf den beigefügten Europass-Mobility zählen, der ihnen sicher einen Vorteil verschafft. Darüber hinaus erhalten alle noch das Zertifikat „InternationaleBerufliche Mobilität“ der Bezirksregierung Münster. Eine Qualifikation, die zusätzliche Lerninhalte würdigt und den Unternehmen ein weiteres Argument liefert, Schüler:innen der Kaufmännischen Schulen mit Auslands-Erfahrungen einzustellen. 

Europass Inhaber:innen aus dem Wirtschaftsgymnasium:

G12A: Weber Daniel   D28
Miyela Eliam
Roling Julia
Sirin Ela
Schulze-Severing Hannes
G12B: Beuting Mirja   D27
Gantschnigg Simon
Korte Hanna
Koxherri Erisa
Lubinski Julian
Prehn Ben
Schmedding Marie
Schomaker Finn
Taake Tim
G12C: Gehring Hanna
Linnemann Marisa
Strubbe Louisa
Robers Lisann
Busmann Fiete
Schremser Ben Eric
G12D: Schmidt Tessa
Klöker Hannah
Tebbel Ellen
Alsmeyer Verena
Louisa Strubbe und Lisann Robers

Fiete Busmann, Ben Eric Schremser und Finn Schomaker mit ihrem Europass Mobility