Er hat als Schulleiter unzählige Reden gehalten. Besonders die Ansprachen am Ende eines Schuljahres lagen Ralf König immer am Herzen. Dann, wenn er Absolventinnen und Absolventen der Kaufmännischen Schulen Rheine zu ihren Abschlüssen gratulierte, besondere Leistungen würdigte und sie voller Zuversicht ins (Berufs-) Leben entließ. Oder wenn er Kolleginnen und Kollegen nach jahrelanger Zusammenarbeit in den Ruhestand verabschiedete: raus aus dem 45-Minuten-Rhythmus der Schule, hinein in ein Leben abseits der schulischen Pflichten in der Lindenstraße 36.

Das diesjährige Sommerfest des Kollegiums, der Schulleitung und der Mitarbeitenden der Kaufmännischen Schulen hält für Ralf König jedoch eine gänzlich neue Rolle bereit: Als Zuschauer, umringt von Weggefährten verfolgt er die Feierlichkeiten. Denn diesmal ist er einer von vieren, von denen man sich verabschieden muss, weil sie den wohlverdienten Ruhestand erreicht haben. Die die Schule verlassen, die sie auf ganz unterschiedliche Weise geprägt haben. An der sie unzählige Schülerinnen und Schüler unterrichtet und pädagogisch begleitet haben. Auf deren Wirken man zurückblickt. Zusammen mit ihm werden auch Hans Rosendorfer, Petra Seibert und Marita Veismann aus dem Kollegium verabschiedet.

Hans Rosendorfer, der erst mit Anfang vierzig auf „verschlungenen Wegen“, so Christian Sondermann in seiner Ansprache als Vertreter des Kollegiums, aus kaufmännisch-leitender Funktion und der Erwachsenenbildung in den Schuldienst wechselte – zunächst an die Kaufmännischen Schulen in Ibbenbüren, dann ab 2014 an die gleichnamigen in Rheine. Er habe fortan zahlreiche Bildungsgänge mit seinen wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnissen bereichert, sei aber vor allem in der Berufsschule bei den angehenden Einzelhandels- und Großhandelskaufleuten im Einsatz gewesen, blickt Elke Simon, die stellvertretende Schulleiterin, zurück. Sie sei stets beeindruckt gewesen von dem belesenen Wirtschaftswissenschaftler Rosendorfer, der bisweilen „hier im Flur lyrische Texte von Goethe oder Schiller“ zitiert habe. Während seiner zehnjährigen Dienstzeit an den Kaufmännischen Schulen Rheine habe er sich zudem mit dem Aufbau und der Betreuung eines Schulkiosks ein bleibendes ‚Denkmal‘ gesetzt, das täglich „unendlich vielen Schülerinnen und Schülern guttut“ und aus dem Schulleben nicht mehr wegzudenken sei.

Petra Seibert, die ebenfalls nach zehn Dienstjahren die Kaufmännischen Schulen Rheine verlässt, an die sie zuvor vom Abendgymnasium in Lippstadt mit den Standorten Beckum und Hamm gewechselt war. Nach zehn Jahren, in denen sie die Fächer ‚Deutsch/Kommunikation‘ und ‚katholische Religionslehre‘ unterrichtete, was Christian Sondermann dazu bewegt, frei nach Wilhelm Busch in Versform Abschied zu nehmen: „… denn dass dies mit Verstand geschah, dafür war Frau Seibert da.“ Elke Simon ruft auch in Erinnerung, dass Petra Seibert parallel zu ihrer unterrichtlichen Tätigkeit im Coaching, als Supervisorin und Moderatorin für die Bezirksregierung Münster und für das Kompetenzteam in Steinfurt tätig gewesen sei, dies sogar noch stundenweise fortsetzen werde. Ihr Einsatz in den ‚Internationalen Förderklassen‘ an den Kaufmännischen Schulen habe an frühere Erfahrungen in der Sprachvermittlung angeknüpft und zeuge von Petra Seiberts beständigem Engagement, Geflüchtete beim Erlernen der deutschen Sprache und bei der Integration in Schule, Beruf und Alltag zu unterstützen.

Marita Veismann, der, laut Elke Simon, vor allem der „Weiterbildungsbereich“, also die Fachschule für Wirtschaft, an den Kaufmännischen Schulen am Herzen gelegen habe. Vielleicht, weil sie beruflich als Seiteneinsteigerin ins Lehramt kam und durch ihre vorangegangene 25-jährige Tätigkeit in der Finanzverwaltung immer eng mit der Praxis verknüpft war. Man kenne sie, so Christian Sondermann, als „lebenslustige, energiegeladene Kollegin, die 2001 hier in eine Männerphalanx unserer Steuerexperten eingebrochen ist“ und deren Respekt sie sich durch den „Nachweis fundierter Fachkenntnisse“ alsbald erarbeitet habe. Die Auszubildenden zu Steuerfachangestellten an den Kaufmännischen Schulen und die Studierenden in der Fachschule für Wirtschaft mit den Schwerpunkten ‚Steuern und Rechnungswesen‘ profitierten ebenfalls von so viel fachlicher Expertise und Schülerorientierung, die Marita Veismann während ihrer 23-jährigen Dienstzeit auch außerhalb der Schule einbrachte: So war sie ebenfalls in Ausschüssen der Steuerberaterkammer tätig, darunter im Prüfungserstellungsausschuss, in den Prüfungsausschüssen der Steuerfachangestellten und der Steuerfachwirte sowie im Berufsbildungsausschuss des Landes NRW.

Mal humorvoll, mal originell, mal wehmütig erinnern Schulleitung, Lehrerrat, Vertreterinnen und Vertreter aus Fachbereichen und Bildungsgängen an gemeinsam Erlebtes und Erreichtes.  Niemandem fällt es leicht, Abschied zu nehmen. Auch wenn allenthalben Einladungen zum alljährlichen Treffen der Pensionärinnen und Pensionäre ausgesprochen werden, Sommerfest und Weihnachtsfeier Anlässe für ein Wiedersehen sind.

Ein Hoch auf wunderbare Jahre an den Kaufmännischen Schulen, ein Hoch auf den vor ihnen liegenden (Un-)Ruhestand: Hans Rosendorfer, Marita Veismann, Petra Seibert und Schulleiter Ralf König (v. links nach rechts) verabschiedeten sich im Rahmen des Sommerfestes von Kollegium, Schulleitungsteam und Mitarbeitenden.

Und dann tritt Ralf König selbst noch einmal ans Mikrofon. Diesmal gilt es nicht mehr, jemanden zu verabschieden. Es heißt Abschied zu nehmen, denn „der König dankt ab“, wie Elke Simon in ihrer Ansprache mit Augenzwinkern, aber auch sichtlich bewegt feststellt. Nach 12 Jahren als Schulleiter der Kaufmännischen Schulen hat auch Ralf König den Ruhestand erreicht. Nach insgesamt 30 Jahren, die er dort als Kollege mit den Fächern Englisch, Spanisch und Wirtschaftswissenschaften tätig war, das Wirtschaftsgymnasium als Jahrgangsstufenleiter mit aufbaute und prägte. Nach einem kurzen Intermezzo an den Kaufmännischen Schulen Ibbenbüren, wo er ab 2009 als stellvertretender Schulleiter zum ersten Mal in die Leitungsebene ‚reinschnupperte‘, um dann mit Beginn des Schuljahres 2012/2013 als Schulleiter nach Rheine zurückzukehren. Er, der das Leitbild seiner Schule ‚Der Mensch im Mittelpunkt‘ jahrelang so selbstverständlich lebte. Sei es im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern, für die er immer ein offenes Ohr hatte, für deren Anliegen er Lösungen fand und deren Entwicklungs- und Projektideen er förderte. Oder in der Leitung seines rund 120-köpfigen Kollegiums, dem gegenüber er seine ‚Fürsorgepflicht‘ als Schulleiter äußerst gewissenhaft wahrnahm, dem er auch in unruhigen Phasen Rückhalt bot und für das seine Bürotür nicht nur sprichwörtlich immer offenstand. Voller Anerkennung blickt Christian Sondermann darauf zurück, „wie sehr Dir als Chef das Wohl des Kollegiums am Herzen lag.“

Und obwohl er laut Sondermann „nicht wie ein Monarch mit großem Besteck und Tamtam“ verabschiedet werden wolle, steht „der Kollege Ralf König“ plötzlich selbst im Mittelpunkt. Mit nur wenigen Worten verabschiedet er sich: „Ich bedanke mich für die gute Zeit und alles, was ich hier haben durfte. Ich werde es vermissen.“ Wichtiger, als viel Aufhebens um seine Person zu machen, ist ihm der gemeinsame Ausklang des Sommerfestes und die Einhaltung seiner schon zur Tradition gewordenen Worte: „Wo gemeinsam gearbeitet wird, wird auch gemeinsam gefeiert“, was sich natürlich niemand zweimal sagen lässt. Denn die Sommerferien stehen vor der Tür. Für Hans Rosendorfer, Petra Seibert, Marita Veismann und auch für Ralf König beginnen damit die ganz großen Ferien.