Eines macht Guido Wilke den Schülerinnen und Schülern unmissverständlich klar: „Soziale Netzwerke wollen Geld verdienen, das ist ihr Zweck.“ Und so spionieren die Datenkonzerne die Handys ihrer Kunden aus und versuchen interessante Informationen über sie zu ergattern, die sie verkaufen können. „Und der Zugriff auf die Foto-Galerien in euren Handys ist absolut kein Problem und wird auch gemacht.“ Tschüss Privatsphäre. Der Hauptkommissar aus Rheine mit den beiden Schwerpunkten Kriminalprävention und Opferschutz ist zu Gast an den Kaufmännischen Schulen und sagt, was im Netz Sache ist. Aber den erhobenen Zeigefinger, den lässt er bei seinem Besuch in der Höheren Handelsschule in der Tasche. Ein generelles Verteufeln der Neuen Medien liegt nicht in seinem Interesse. „Das würde nichts bringen. Es geht vielmehr um eine bewusste Nutzung etwa des Internets und darum, dass man die Gefahren kennt und sich nicht strafbar macht“, so Wilke.
Dieses Ziel ist ganz wichtig für seine Zuhörer an diesem Tag, Denn die Schülerinnen und Schüler arbeiten im „Projekt gegen Kindesmissbrauch und Kinderprostitution“ und erhoffen sich von Wilke viele „sachdienliche Hinweise“. Zurzeit beschäftigen sie sich intensiv mit Themen wie Pornografie im Internet, Cyber Grooming oder den Gefahren, die beim Versenden von Nacktfotos lauern. „Warum verschicken Kinder oder Jugendliche eindeutige Fotos von sich?“, fragt Wilke. „Das ist doch sehr unüberlegt.“ Weiß jeder. Sollte jeder wissen. Nur: Obwohl die Risiken bekannt sind, kommt es immer wieder vor.
„Die große Liebe, eindeutige Fotos werden versendet. Solange ein Nacktbild nur auf dem Handy des einen Empfängers ist und der damit verantwortlich umgeht, gibt es kein Problem“, sagt Wilke. Aber dann ist die Beziehung zuende. Die Trennung erfolgt vielleicht im Streit und schließlich werden die Bilder aus Rache auch anderen zugänglich gemacht. Schnell machen sie die Runde: „Und dann sieht jeder diese Nacktaufnahmen, die Eltern, die Verwandten, die Freunde.“ Mit schlimmen Folgen: Angst vor Spott, Beschämung, Trauma, Schulwechsel, Ortswechsel, unter Umständen Suizid-Gedanken. „Für die Betroffenen ist das ganz schlimm, das kann sich jeder leicht vorstellen“, sagt der Hauptkommissar aus Erfahrung.
So berichtet er über ganz konkrete Fälle aus der Region, natürlich anonymisiert. Und den Schülerinnen und Schülern wird schnell klar: Das passiert nicht nur weit weg in den großen Städten, es passiert auch hier bei uns. Das Gespräch dreht sich anschließend um Themen wie das Darknet, strafrechtliche Konsequenzen, gesetzliche Regelungen, die Bedeutung des Datenschutzes und Nutzung des Internets durch Pädophile und deren Verfolgung.
Erkenntnis: Vorsicht ist immer und überall geboten. Der Hauptkommissar berichtet vom Computerspiel „Second life“. In der virtuellen Welt konnten die Teilnehmer zum Beispiel Häuser betreten. Wer dort dann die Bilder an den Wänden anklickte, erhielt Zugang zu pornografischen Darstellungen. Einige Schüler des Projektes werden sich nun mit dem möglichen Zusammenhang von Computerspielen und Pornografie näher beschäftigen.
Während ihrer Nachforschungen im Netz lernte die Projektgruppe auch „Sweetie“ kennen. Die Menschenrechtsorganisation „Terre des hommes“ hatte mit Hilfe der computeranimierten Figur eines 10-jährigen philippinischen Mädchens innerhalb von nur zwei Monaten die Namen von 1000 Pädophilen herausgefunden. Die Menschenrechtler gaben sich im Netz als „Sweetie“ aus und lockten so die Männer, die Webcam-Sex von dem Mädchen forderten, in die Fahndungs-Falle. Auch diesem unglaublichen Fall widmet sich eine der Gruppen.
Ziel der Projektarbeit ist es, die Mitschüler mit einer Ausstellung umfassend zu informieren. Daher geht die Recherche weiter. Intensiv. Aber seit dem Besuch von Guido Wilke mit geschärftem Blick für die Gefahren.