Was ist denn da los? Zwei flotte Damen treten in bunt-gestreiften T-Shirts als Karius und Baktus auf, flankiert von weiteren Personen, die laut Kopfschmuck offensichtlich als „Zahn-Reihe“ unterwegs sind. Das außergewöhnliche Bild komplettiert ein männliches Wesen, mit wallend blonder Perücke im Tutu. Und jede Menge Lieder und lustige Sprüche, selbst gedichtet und lautstark vorgetragen, zum Beispiel von den „Sportfreunden Möllers“, gehören zum Programm. Dazu zerrissene Schnipsel, die den Bühnen-Boden bedecken wie buntes Konfetti. Ja, ist denn schon wieder Karneval? Könnte man denken, ist aber im Juli dann doch zu weit hergeholt. Zum Schuljahres-Ende steht die Verabschiedung verdienter Kolleg*innen an, die in den ebenso verdienten Ruhestand gehen. Und das ist in den Kaufmännischen Schulen immer weit mehr als ein Händedruck und einige warme Worte. Das ist Show. Über die sich die Ab-sofort-Pensionäre Martina Kleiner und Werner Möllers zum Abschied herzlich freuen. Und über die zahlreichen Abschieds-Geschenke naürlich auch.

Bevor die Kolleg*innen die Aula rocken, ist Schulleiter Ralf König für den offiziellen Teil zuständig. Werner Möllers, seit 40 Jahren im Schuldienst und seit 1986 an den Kaufmännischen Schulen, ist für König „die Hauptperson des Abends“. Denn der Name Möllers ist untrennbar verbunden mit der ständigen Weiterentwicklung der Schule im EDV-Bereich sowie der technischen Ausstattung der Klassenräume – sowohl im Hauptgebäude als auch in den Dependancen. „Du wurdest so zum Hausarchitekten, der sich kümmerte und mitplante“, meint König. So habe er nicht nur zahlreiche PC-Räume gestaltet, sondern ebenso mitgearbeitet an „der Gestaltung des Sekretariates, der Erweiterung des Lehrerzimmers, des Selbstlernzentrums, der Erweiterungsbauten sowie der Planung des Sportforums“. Was den Schulleiter dabei imponierte, drückt er so aus: „Egal ob bei Gesprächen mit der Stadt Rheine oder dem Kreis Steinfurt, du hast dich bei den Verhandlungen mit den Planern und Geldgebern immer mit Beharrlichkeit und Hartnäckigkeit für deine Vorstellungen und die des Kollegiums eingesetzt.“ Er habe stets die Finanzen der Schule im Blick gehabt und die Entwicklung ganz gezielt gefördert.
Werner Möllers, 1994 zum Oberstudienrat befördert, war aber auch im Rahmen des Modellprojektes „Selbstständige Schule“ Mitglied in der Steuergruppe und hat jahrelang das schulinterne Fußballturnier (manchmal in drei Sporthallen) organisiert. König dankt „ganz herzlich für die geleistete Arbeit“ und wünscht von Herzen alles Gute und Gesundheit.
Als Vertreter des Lehrerrates erinnert Christian Sondermann daran, dass der Gestaltungs-Spielraum einer Schule als öffentliche Einrichtung eher begrenzt ist. „Dass wir diesen begrenzten Spielraum aber immer sehr effektiv ausgenutzt haben, daran hast du einen erheblichen Anteil gehabt. Ich weiß gar nicht, ob das allen hier bewusst ist“, meint Sondermann, der Möllers Rolle als Ansprechpartner hervorhebt, der gefragt war, „wenn Mensch und PC mal wieder Kommunikationsschwierigkeiten hatten“. Man habe Werner Möllers oft auf den Fluren und an vielen anderen Orten der Schule im Gespräch mit Kolleg*innen beobachten können, in denen er nachforschte „was funktioniert, was gefällt, was besser sein könnte“. Und dieses Interesse, dieser gemeinsame Austausch sei der Grund, warum die – manchmal knappen – Investitionen „meist im Interesse des Kollegiums eingesetzt“ worden seien.
Ein letztes Mal kann sich Werner Möllers dann der schuleigenen EDV bedienen. In einem launigen Bilder-Vortrag verknüpft er geschickt private und schulische Lebensgeschichte mit öffentlichen Ereignissen. Gar nicht überraschend kommt das Geständnis, dass er eigentlich hatte Architektur studieren wollen. Doch seine Lehrer hätten ihm zum Lehramts-Studium geraten, was er dann auch mit den Fächern Wirtschaftswissenschaften und Sport in Dortmund absolvierte. Gefährlich für den Schalke04-Fan Möllers. Wobei er aber sofort betont, dass er kein Abtrünniger geworden sei. Und er freut sich tierisch auf den sportlichen Teil seiner Geschenke: Eintrittskarten für ein Schalke-Spiel.
Mit dem Schreibmaschinen-Sketch von Jerry Lewis erinnert er an die „alten EDV-Zeiten“, als noch auf Matrizen geschrieben wurde, schlägt den Bogen über seine erste Lehrerkonferenz, in der es hoch herging und der „Neue“ gleich Protokoll führen durfte („Wo bin ich hier gelandet, fragte ich mich.“) bis hin zu den Fußball-Turnieren mit besonderem „Wir-Gefühl“ und anschließender SV-Fete. „Ich bin sehr dankbar für fast 34 beeindruckende, abwechslungsreiche, aber auch intensive Lehrerjahre in einem tollen Kollegium“, gibt Möllers abschließend unter Beifall zu Protokoll.
Dank spricht Schulleiter König auch Martina Kleiner aus, die seit 1989 nebenberuflich die Zahnmedizinischen Fachangestellten einige Stunden unterrichtete. Er stellt besonders heraus, dass Kleiner sich nicht nur im Unterricht engagierte, sondern trotz der begrenzten Stundenzahl immer den engen Kontakt mit dem Kolleg*innen suchte, beispielsweise auf den Kollegiums-Segeltouren. Dies ist auch Christian Sondermann aufgefallen, der sich an eben diese Törns auf dem Ijsselmeer erinnerte und herausstellt, dass Kleiner „Kapitän und Smutje gleichzeitig“ sein könne. Es sei ein Vergnügen gewesen, mit ihr über das Ijsselmeer zu schippern. Auch bescheinigte er Kleiner eine große „Portion Idealismus“, nebenberuflich zu unterrichten. „Das sieht man daran, dass man heute kaum noch Fachleute findet, die nebenberuflich in der Schule arbeiten wollen.“