Was hat die große Weltpolitik mit einer Schulpartnerschaft im kleinen Rheine zu tun? Auf den ersten Blick: nichts. Bei näherem Hinsehen: jede Menge. Während Russland die Ukraine überfällt und die Staats- und Menschenrechte mit Füßen tritt, plädieren die Kaufmännischen Schulen in Rheine und die neue Partnerschule in Polen für Weltoffenheit und internationale Verständigung, für interkulturelle Kompetenz und persönliche Begegnung der Menschen. Sie setzen einen lokalen Kontrapunkt zu den Ereignissen auf der großen Weltbühne. In der Hoffnung, dass das gegenseitige Verstehen der Geschichte und der Kultur das friedliche Nebeneinander – gerade der jungen – Menschen fördert. Ralf König, Leiter der Kaufmännischen Schulen in Rheine, und Justyna Kulling-Bogdan, Leiterin der Partnerschule Szokoly Ekonomiczno-Handlowe im. Macierzy Szkolnej in Danzig, haben eine Absichtserklärung über die Kooperation im Bereich der schulischen sowie der berufsfeldbezogenen Bildung unterschrieben.

Schon im Oktober werden 10 bis 12 Schüler:innen der neuen Jahrgangsstufe 11 in die  Hafenstadt an der Ostseeküste Polens reisen.  

„Wir sind stolz auf diesen Tag, die Kooperation freut uns sehr“, sagt die Schulleiterin Kulling-Bogdan und denkt schon an die ersten persönlichen Kontakte. Denn die Vertrags-Unterzeichnung geschieht zwar synchron, doch sind die neuen (Schul-)Freunde aus Polen zugeschaltet und nur via Bildschirm zu sehen. Doch das ändert sich bereits diese Woche. Dann werden die Englisch-Fachlehrer Eva Brockmann-Könemann und Thomas Wienkamp Richtung Polen aufbrechen, um Einzelheiten der Zusammenarbeit zu besprechen. Das Thema „Europa“ wird im Zentrum des ersten Treffens mit den Schüler:innen stehen, aber natürlich wollen die Gäste aus Rheine auch die alte Stadt Danzig und die Umgebung kennen lernen. Im Frühsommer 2023 startet der Gegenbesuch polnischer Schüler:innen. Die Absichtserklärung basiert also schon auf konkreten Terminen, die das Absichts-Papier schnell mit Leben füllen. „Ich freue mich auf eine lange Partnerschaft und eine große Freundschaft, die aus dem heutigen Tag erwachsen kann“, freut sich Ralf König schon jetzt auf den Tag, „an dem ich Sie hier bei uns begrüßen kann“.  

Vor allem für Eva Brockmann-Könemann geht ein großer Wunsch in Erfüllung, hatte sie doch schon lange nach einer Partnerschule in Polen gesucht. Und auch eine gefunden, jedoch scheiterte das Projekt in letzter Sekunde. „Doch unsere Kollegin hat nie aufgegeben, vier Jahre versucht, ein passendes Pendant zu finden. Nun ist es gelungen, das freut uns in der Fachschaft alle sehr“, sagt der zuständige Studiendirektor Marcus Maasen. Und Eva Brockmann-Könemann ist sicher, in Danzig „eine super Schule“ gefunden zu haben, „denn die stehen voll hinter diesem Projekt und sind an dem Austausch sehr interessiert.“ 

Der erste Kontakt zwischen den Schulen geht auf das Engagement von Eva Brockmann-Könemann im zurück. Im Rahmen eines digitalen Austauschlabors, veranstaltet vom Deutsch-Polnischen-Jugendwerk (DPJW) im November 2020, konnten sich die teilnehmenden Schulen auf einem digitalen Board mit einem Steckbrief vorstellen. Diese Chance nutzte Eva Brockmann-Könemann natürlich für die Kaufmännischen Schulen. Gleichzeitig durchforstete sie aber Angaben der anderen Schulen, vor allem natürlich im Hinblick auf deren Austausch-Interesse. Sie fand das Angebot aus Danzig und setzte sich direkt mit ihrer polnischen Kollegin Ewa Dygon in Verbindung.
Beide verstanden sich gut. Der Kontakt festigte sich anschließend durch viele Mails und Gespräche, auch über Skype. 
Schnell kamen die Pädagoginnen überein, dass die Schulprofile passen könnten. Denn die Partner-Einrichtung in Danzig bildet ebenfalls Schüler:innen in kaufmännischen Berufen aus, rund 500 sind es im Alter von 15 bis 20 Jahren. Das passt prima. Und: Auch die polnischen Schüler:innen bieten Praktika in Irland an – wie die Europaschule in Rheine. 
 

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(Schul-)Freunde: Marcus Maasen, Ewa Dygon, Justyna Kulling-Bogdan, Ralf König und Eva Brockmann-Könemann bei der Vertragsunterzeichnung. 

Gemeinsame Schul- und Unterrichtsprojekte in gegenseitigem Schüler:innen und Lehrer:innen-Austausch umsetzen, Wissen und Erfahrungen im Bereich der Berufsbildung austauschen, Lehren und Lernen der kulturellen, politischen und sozioökonomischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede und natürlich das Verbessern der sprachlichen Kompetenzen in Polnisch, Deutsch und Englisch stehen auf der Agenda. „Wir machen das alles für die Schülerinnen und Schüler“, betont Ewa Dygon den Blick auf die künftige Generation und freut sich, dass in Rheine auch Julia Cmok und Natalia Brzozowski aus der Jahrgangsstufe 11 des Wirtschaftsgymnasiums dabei sind, sie sprechen polnisch und können übersetzen.  

Und so gehen an diesem Tag das polnische Danzig und das westfälische Rheine einen freundschaftlichen Schritt aufeinander zu. So, wie es in der globalen Welt eigentlich alle tun sollten.