Der unzähligen Opfer der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft zu gedenken – dieser Auftrag an die Menschheit gilt 75 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau ungebrochen. 25 Schülerinnen und Schüler der Höheren Handelsschule und des Wirtschaftsgymnasiums sowie aus verschiedenen Ausbildungsberufen machten sich daher am vergangenen Freitagabend gemeinsam mit den drei Lehrkräften Sabine Franke, Markus Doerr und Christian Sondermann auf den Weg nach Oświęcim, so der polnische Name von Auschwitz. Obwohl es heute keine jüdische Gemeinde mehr in der Stadt gibt, findet man noch zahlreiche Spuren jüdischen Lebens. Eine Stadtführung, der Besuch des Jüdischen Museum sowie des jüdischen Friedhofs konnten ein Bild des Lebens in der Stadt vermitteln, als hier vor dem Holocaust noch ca. 7000 Juden lebten, damals mehr als die Hälfte der Einwohner.
Wie systematisch (nicht nur) jüdisches Leben von den Nationalsozialisten ausgemerzt wurde, erfuhren die Schülerinnen und Schüler an den folgenden Tagen bei den Besuchen des Stammlagers in Auschwitz und des Vernichtungslagers in Birkenau. Ganz still wurde es in der Gruppe, als sie eine der Baracken betrat, in denen damals Menschen unter unmenschlichen Bedingungen leben mussten.
Gebannt und geschockt hingen sie der polnischen Führerin an den Lippen, als diese erklärte, dass das Reinigen der Latrinen unter den Häftlingen eine begehrte Arbeit war, weil man durch den Gestank, dem sich die Aufseher nicht aussetzen wollten, vor deren Sadismus geschützt war. Den Weg der zum Tode Bestimmten nachzuschreiten, an dem Ort zu stehen, an dem bis heute ihre Asche liegt – diese Nähe zu den Orten der Verbrechen ließen das individuelle Leid, das hinter den unbegreiflich hohen Opferzahlen steckt, zumindest erahnen.
Wie entstehen eigentlich Vorurteile? Woher kommt der Antisemitimus? Kann sich Geschichte wiederholen? Gesprächsanlässe gab es nach den Führungen reichlich. In verschiedenen Workshops hatten die Schülerinnen und Schüler anschließend Gelegenheit, ihre persönlichen Eindrücke mit denen ihrer Mitreisenden abzugleichen, und sich Antworten auf die gestellten Fragen zu nähern. Die betreuenden Lehrkräfte beeindruckte dabei die Offenheit der jungen Erwachsenen und die Tatsache, wie über die gemeinsame Auseinandersetzung mit dem schwierigen Thema auch Gemeinsamkeit entstand. Innerhalb von wenigen Tagen wurde aus einer „zusammengewürfelten“ Reisegruppe eine Gemeinschaft. Krakau bot als lebendige Universitätsstadt am letzten Tag daher gute Möglichkeiten, die neuen Bekanntschaften weiter zu intensivieren.